Stefan von KLAN: „…die Angst davor mit der Frage konfrontiert zu werden, wer man ist und was man will.“



Wer hätte gedacht, dass ich mal bei meinen eigenen Artikeln recherchieren würde?

Während meiner Recherchen über die Jungs von KLAN habe ich festgestellt, dass mein aller aller erster, jemals erschienener Artikel mit der alten Formation namens Heinrich beginnt. Damals war Heinrich als Support der Schweizer Band Pegasus unterwegs.

Umso mehr bin ich von der Entwicklung der beiden Brüder Michael und Stefan begeistert. Nicht umsonst sind die beiden als KLAN schon bei Warner unter Vertrag.

Ihr Debütalbum „Wann hast du Zeit“ erscheint im kommenden Oktober. Direkt im Anschluss ist eine Tour geplant. Die Termine hierzu findet ihr auf www.klanmusik.de.

Während ihres TourStops im April in München hatte ich im Hinterhof des Milla das Vergnügen eine Runde mit den Jungs zu singen und zu quatschen.

Bevor es eure Band KLAN gab, wart ihr zusammen mit eurer Schwester als Heinrich unterwegs. Ich habe gelesen, dass sie mittlerweile mit der Trennung ganz gut umgehen kann.

Micha: Ich würde sagen, dass wir mittlerweile alle ganz gut damit umgehen können. Für mich war es von Anfang an so, dass ich ein wenig Zeit ohne viel Kontakt gebraucht habe. Das ging ungefähr ein halbes Jahr. Dadurch, dass Susanne ein Kind bekommen hat, war es dann aber doch relativ einfach. Man unterhält sich über andere Sachen und hat irgendwie einen neuen Anknüpfungspunkt miteinander. Es war toll sich wieder näher zu kommen. Gewissermaßen war die Trennung der Band aber schon erstmal ein kleiner Bruch in unserer Geschwisterbeziehung. Wir sind künstlerisch irgendwie nicht mehr übereingekommen. Das zermürbt natürlich. Zumal man ja eigentlich eine Band hat, weil man zusammen etwas erschaffen möchte. Wenn das nicht geht, schadet es immer der Beziehung.

Stefan: Es gab nicht diesen einen Moment, der zur Trennung führte. Es war eher so, dass alles damals sehr schnell ging. Wir sind sehr früh live aufgetreten und hatten ein turbulentes Jahr. Nach diesem Jahr haben wir, glaube ich zum ersten Mal gemerkt, dass wir jetzt erstmal auch eine künstlerische Arbeit leisten müssen. Unseren eigenen Stil finden und kreieren müssen, der für sich und auch für uns steht. Wir hatten von innen einfach das Gefühl nicht miteinander übereinzukommen und das wir uns künstlerisch auseinander bewegen.
Vielleicht lag es auch an der Konstellation mit zwei Sängern, die wir nicht unter einen Hut gekriegt haben, wenn ich das aus meiner Perspektive so sagen darf. Susanne und Micha haben beiden gesungen. Als Sänger möchtest du etwas schaffen was zu dir passt. Vielleicht noch mehr als ein Musiker der sagt: „Ich habe meine Baseline und das ist geil. Egal was der Sänger dazu macht!“ Du hast den Anspruch, dass das was du machst echt und ehrlich ist. Susanne und Micha sind eigenständige und künstlerisch unterschiedliche Persönlichkeiten und Charaktere. Die beiden unter einen Hut zu bekommen haben wir irgendwie nicht geschafft.

Dafür läuft es doch jetzt umso besser! Immerhin habt ihr es ziemlich schnell geschafft ein Major Label hinter euch zu haben.

Micha: Tatsächlich war das irgendwie sogar schon vorher. Dadurch das wir schon lange Songs geschrieben und sie aufgenommen haben, haben unsere Demos ein wenig die Runde gemacht. Also ist es quasi schon vor dem Live spielen passiert. Wir haben uns aber auch die Zeit genommen ein Team mit einem Management zusammenzustellen, das uns an den Mann oder die Frau bringt. Aber es ist auf jeden Fall eine geile Sache und ein krasses Privileg von Anfang an mit einem professionellen Team arbeiten zu können.

Auf YouTube kann man sehr schöne Akustik Sessions von euch finden. Ich persönlich finde sowas meist besser als die eigentlichen Videos.
Wo wurden die gedreht?

Micha: Das ist im Kunstquartier Bethanien in Berlin. Eigentlich ist es ein Ausstellungsraum und ein ehemaliges sakrales Gebäude.

Und die Tonspur?

Micha: Es ist nicht direkt aus dem Raum raus aufgenommen, weil der so sehr halt, dass du ein Klatschen nach 15 Sekunden immer noch hörst. Wir haben quasi die direkten Signale aus dem Mikrophon und der Gitarre verwendet.

Von eurem Song „Tropfen“ gibt es ja neben dieser Live Session auch ein richtiges Musikvideo. Habt ihr beide das ganz alleine mit einer Drohne aufgenommen?

Stefan: Wir sind da wirklich zu zweit mit einer Drohne hin. Es gibt einen Follow-Me-Modus, wo man einstellen kann, dass die Drohne der Person folgt und einen Circle-Modus bei dem die Drohne sich kreisförmig um die Person bewegt. Es war auch eine gewisse Schwierigkeit bei dem Video, das auch so hinzubekommen.

Micha: Wir hatten den Drohnen Besitzer dabei. Der stand dann irgendwo hinter den Büschen und hat alles überwacht.

Wie oft musstet ihr den Teil drehen, wo ihr euch aufeinander stellt?

Micha: Bestimmt zehnmal.

Stefan: Das ging tatsächlich erstaunlich gut. Das Berg runter rollen war heftig.

Micha: Nach dem dritten Mal runter rollen hat das Schwindelgefühl nicht mehr aufgehört. Am Ende war mit kotzübel! Der allerletzte Take ist tatsächlich auch der, der im Video zu sehen ist.

Was möchtet ihr mit dem Song „Tropfen“ vermitteln?

Micha: Es geht um Momente, gerade im Winter, bei denen wir nicht sehen können, dass es jemals wieder bergauf geht und wir einfach mega down sind. Momente in denen es uns einfach beschissen geht und wir am Boden zerstört sind. Manchmal auch ganz ohne Grund. Es geht darum, dass man ziemlich am Boden sein kann und trotzdem irgendwie weiß, dass es wieder vorbei gehen wird. Dieser Gedanke kann einem die Kraft geben das Ganze zu überstehen. Aber es geht auch darum sich gegenseitig das Gefühl zu geben, das es okay ist auch mal fertig zu sein. Das es jedem so geht.

Euer Song „Mama“ hat mich irgendwie an meine eigene Pubertät erinnert. Meine Mutter dachte damals, dass ich an der Supermarktkasse ende.

Micha: Tatsächlich sagen sehr viele Leute, dass sie den Song ihrer Mutter geschickt haben oder es sie an sich selbst erinnert. Aber auch das es ihnen etwas für ihr Leben sagt. Das war nicht das Ziel oder der Ausgangspunkt den Song zu schreiben. Es war eine sehr persönliche Situation. Vor der Musik habe ich studiert. Als es dann aber so intensiv mit der Musik losging, habe ich das Studium erst einmal an den Nagel gehängt. Die Kommunikation damals mit unserer Mama war nicht ganz so einfach.

Ich finde, dass man bei der Live Session von „Mama“ andeutungsweise hören kann was Micha stimmlich eigentlich noch drauf hat. Bilde ich mir das ein oder geht da eigentlich noch viel mehr?

Micha (lacht): Ich glaube das auch manchmal. Es ist auf jeden Fall noch einiges möglich. Für mich ist das kommende Album auch noch viel mehr ein erstes Album als für Stefan. Er hat ja schon um einiges mehr Erfahrung als ich mit der Musik.
Auf jeden Fall bin ich stimmlich als auch beim schreiben noch dabei mich zu finden und zu entwickeln. Gleichzeitig gibt es aber auch Momente bei denen es echt cool ist sowas anzudeuten und zeigen zu können wie gut man eigentlich singen kann.

Stefan: Ich glaube es ist auch ein wenig dein Stil, nicht unbedingt ans äußerste zu gehen und alles zeigen zu müssen. Sondern es eher subtil anklingen zu lassen.

Euer Debüt Album „Wann hast du Zeit?“ erscheint ja im Oktober. Ein Song darauf heißt „Keine Zeit“. Um was geht es darin?

Micha: Bei „Keine Zeit“ wird im Refrain die Frage gestellt „Wann hast du Zeit?“. Diese Frage ist manchmal gar nicht so einfach zu beantworten. Uns geht es gerade so, dass wir unheimlich viel zu tun haben und wenn Leute fragen wann wir denn Zeit haben, können wir das einfach nicht beantworten. Gleichzeitig habe ich auch das Gefühl, dass ich seitdem ich mein Smartphone immer dabei habe und ständig dieser Ton kommt, es mich bei jeder Handlung unterbricht. Es ist total schwierig  sich innerlich fallenzulassen und sich die Zeit zu nehmen um die Zeit überhaupt wahr zunehmen. Alles ist so schnell und vibriert irgendwie. Darum geht es in dem Song inhaltlich, aber auch musikalisch.

Ist es vielleicht auch ein wenig die Unverbindlichkeit der heutigen Gesellschaft?

Stefan: Unverbindlichkeit. Nervosität. Vielleicht ist es auch die Angst davor mit der Frage konfrontiert zu werden, wer man ist und was man will. Gerade in unserem Alter können das ganz viele Menschen, glaube ich sehr schlecht.  Auch mit sich selbst alleine sein und tief in sich hinein zu horchen. Was möchte man eigentlich? Man ist eigentlich die ganze Zeit dabei zu abzulenken. Eben mit dem Smartphone und lustigen Singen im Internet. Genau darum geht es.

 

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